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Fasten & Yoga (Teil II) - Fastenmethoden

  • ulrikestemmeler
  • 19. Aug.
  • 6 Min. Lesezeit

Wasser trinken ist essentiell beim Fasten
Wasser trinken ist essentiell beim Fasten

Das Fasten auf Nahrung gibt es in vielen Ausprägungen und Varianten. Ich möchte hier die „großen“ Fastenmethoden vorstellen und einen Blick auf die jeweiligen Vor- und Nachteile werfen. Die meisten angebotenen Fastenmethoden lassen sich auf eine dieser drei Methoden zurückführen. Dabei handelt es sich um das Heilfasten, das Scheinfasten und das Intervallfasten.

Aber zuerst stellt sich doch Frage: Warum überhaupt fasten?

Schauen wir uns also an, welche Wirkungen beim Fasten zu erwarten sind und ob es vielleicht auch Nebenwirkungen gibt. Prof. Dr. Andreas Michalsen, renommierter Fastenmediziner, beschreibt das Fasten als das eindrucksvollste Verfahren um im Körper die Selbstheilungskräfte und Reparaturprozesse in Gang zu setzen. Oder kurz formuliert: „Heilen durch Weglassen!“ So wirkt sich Fasten positiv auf Endzündungsgeschehen im Körper, den Blutzucker und den Blutdruck aus. Das ungesunde, viszerale Bauchfett wird reduziert, Alterungsprozesse werden verlangsamt und wahrscheinlich kann sogar das Leben durch Fasten verlängert werden. Auch auf den Darm, oder besser gesagt das Mikrobiom, hat das Fasten einen positiven Einfluss. Hoffnungsvolle Studien gibt es auch zum Thema Fasten und Krebs. Zudem werden die Sinne wieder empfindsamer. So wird zum Beispiel der Geschmack von Süßem viel stärker wahrgenommen. Nicht zuletzt werden gegebenenfalls auch seelische Prozesse in Gang gesetzt.

Auf körperlicher Ebene kommen beim Nahrungsverzicht vor allem zwei Prozesse in Gang: die Autophagie und die Umstellung des Energiestoffwechsels von Glukose auf Ketonkörper. Wenn der Organismus die letzten Glukosespeicher geleert hat, was nach ca. 12-16 Stunden Nahrungsverzicht der Fall ist, beginnt er das körpereigene Fett als Energiequelle zu nutzen. Dafür muss er aus den Fettreserven Ketonkörper produzieren, die dann vom Körper anstelle der Glukose genutzt werden. Zeitgleich setzt auch die sogenannte Autophagie ein. Hierbei werden fehlerhafte Zellbestandteile recycelt, welches den Zellen zusätzliche Energie liefert. Zudem wird die Neubildung von Mitochondrien, den Energiekraftwerken unserer Zellen, angeregt. Schließlich trägt auch die Ausschüttung verschiedener Botenstoffe und Enzyme zu den positiven Effekten des Fastens bei. 

Aber wie heißt es so schön: keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Während des Fastens kann es unter anderem zu Kopfschmerzen, Kreislaufproblemen, leichter Erschöpfung, Frieren, Mundgeruch, Unruhe, Herzklopfen und zum Abbau von Muskelprotein kommen. Auch der Schlaf kann während des Fastens deutlich leiden. Das betrifft die unterschiedlichen Methoden jedoch unterschiedlich stark.

Wichtig zu beachten ist: Fasten ist nicht für jeden geeignet! Schwangere, Stillende sowie Personen mit einem BMI[1] unter 19 oder einem sehr geringen Körperfettanteil, sollten nicht fasten. Gleiches gilt für Menschen mit einer Essstörung. Ebenso ist bei akuten Infekten davon abzuraten, denn hier braucht das Immunsystem ausreichend Aminosäuren für die Immunabwehr, die beim Heil- und Scheinfasten nicht zugeführt werden. Bei chronischen Erkrankungen sollte eine Fastenpraxis zuvor mit dem Arzt abgesprochen werden und ggf. auch von diesem begleitet werden. Für alle anderen lautet die Frage nicht ob sie fasten sollen, sondern eher mit welcher Methode und wie oft.

 

Werfen wir zuerst einen Blick auf das Heilfasten, welches es in vielen Varianten gibt. In der Regel versteht man darunter, dass für einen bestimmten Zeitraum keine feste Nahrung zu sich genommen wird. Je nach Variante sind nur Wasser oder aber auch Tee, Gemüsebrühe bis hin zu geringen Mengen an Obst- oder Gemüsesäften erlaubt. Die Kalorienzufuhr ist auf 200 – 300 kcal maximal jedoch 500 kcal begrenzt. Zudem gibt es mindestens einen vorbereitenden Entlastungstag, bei dem die Kalorienmenge bereits etwas reduziert wird und nur leichtverdauliche Speisen gegessen werden. Ebenso schließt sich nach dem Fasten mindestens ein Aufbautag an, bei dem die Kalorienmenge ebenfalls noch reduziert ist und meist tierische Produkte noch nicht auf dem Speiseplan stehen. Die Dauer des Heilfastens beträgt normalerweise 7 bis 10 Tage. Diese Form des Fastens wird vor allem als therapeutische aber auch präventive Fastenkur in Kliniken oder Kurhotels angeboten und zumeist medizinisch begleitet. Das Heilfasten hat eine lange Tradition, auch in der Medizin und enormes Wirkpotential, insbesondere bei chronischen Erkrankungen. Als Pioniere sind hier Otto Buchinger und Frans Xaver Mayr zu nennen. Leider treten beim Heilfasten, insbesondere beim Wasserfasten, auch die aufgeführten unangenehmen Begleiterscheinungen am häufigsten auf. Ein weiterer Minuspunkt ist, dass es relativ Zeitaufwendig und kaum in den Alltag zu integrieren ist. In der Regel wird eine klassische Heilfastenkur ein- oder zweimal jährlich durchgeführt.

 

Das sogenannte Scheinfasten ist eine eher neue Fastenmethode, die sich aus der Forschung heraus entwickelt hat. Hier sind vor allem die Forschungsarbeiten von Prof. Valter Longo von der University of Southern California wegweisend. Im englischen spricht man von der Fasting Mimicking Diet, also der das Fasten nachahmenden Diät. Das Ziel ist, das maximale der positiven Wirkungen des Heilfastens zu erhalten bei möglichst geringen negativen Begleiterscheinungen. Bei dieser Methode wird eine deutlich kalorienreduzierte Diät von 650 – 1100 kcal zu sich genommen. Die eingenommenen Mahlzeiten sind vegan und die Dauer des Scheinfastens beträgt fünf Tage. Auch hier wird ein Vorbereitungs- und ein Aufbautag mit eher leichter Kost und wenig tierischen Produkten empfohlen. Die Mahlzeiten während der fünf Tage sind so gewählt, dass das Hungergefühl möglichst gering bleibt und der Körper mit den notwendigsten Vitaminen und Mineralstoffen gut versorgt wird. Mit dieser Fastenvariante bleiben gut 80% der Heilfastenwirkungen erhalten, man ist jedoch weit weniger von Erschöpfung und weiteren Begleiterscheinungen betroffen. Das Scheinfasten lässt sich gut in den Alltag integrieren und kann zudem mit dem Intervallfasten kombiniert werden. Durchführen kann man diese Methode mit sogenannten Fastenboxen[2], in Eigenregie mit einem entsprechenden Ratgeber[3] oder einem Ernährungs-Coach[4]. Mit welcher Häufigkeit das Scheinfasten durchgeführt wird hängt vom Ziel ab. Präventiv wird eine Frequenz von zwei bis vier fünftägigen Scheinfastenphasen im Jahr empfohlen. Bei entsprechender medizinischer Indikation kann das Scheinfasten aber auch monatlich durchgeführt werden.

Ein Wort noch zum Thema Abführen. Traditionell hat man das Heilfasten mit Einläufen und dem Abführen mittels Glaubersalz begonnen. Wissenschaftlich betrachtet sind diese Praktiken jedoch für den Erfolg einer Fastenkur weder beim Heil- noch beim Scheinfasten notwendig. Wenn der persönliche Wunsch danach besteht, kann zum Beginn des Fastens natürlich Abgeführt werden, erforderlich ist es jedoch nicht.

 

Eine sich immer größerer Beliebtheit erfreuende Fastenmethode ist das Intervallfasten. Im englischen spricht man hier von time restrictet eating, also einer zeitlichen Einschränkung des täglichen Essensfensters. Diese Essenspause dauert mindestens 12 längstens aber 48 Stunden. Die häufigsten Varianten sind die sogenannten 14:10 oder 16:8 Essensfenster. Das bedeutet, dass es eine erweiterte Essenspause (die Nacht mit eingerechnet) von 14 oder 16 Stunden gibt und einen Zeitraum von 10 beziehungsweise 8 Stunden in denen die Mahlzeiten eingenommen werden. Die Mehrheit der Personen, die das Intervallfasten praktizieren, schieben ihr Frühstück entsprechend nach hinten oder starten direkt mit dem Mittagessen als erste Mahlzeit des Tages. Weniger praktikabel für die Meisten scheint das sogenannte dinner canceling, also das Weglassen beziehungsweise das sehr frühe Abendessen. Auch wenn letztere Variante für viele nicht so alltagstauglich ist, deuten immer mehr Studien darauf hin, dass diese wohl die stärkeren Effekte hat. Eine weitere, jedoch seltener praktizierte Variante ist das 5:2 Prinzip. Hier wird fünf Tage normal gegessen und dann zwei Tage gefastet. Unabhängig von der genutzten Variante, geht es beim Intervallfasten also nicht primär um eine Reduktion der Kalorienzahl, auch wenn diese sich oftmals von selbst, durch das verkleinerte Essensfenster, ergibt. Natürlich sollte innerhalb des Essensfensters möglichst vollwertig gegessen werden. Die Prozesse von Autophagie und Ketose sind beim Intervallfasten zwar nur von kurzer Dauer, aber durch die Regelmäßigkeit entfalten sie auch hier ihre Wirkung. Das Intervallfasten ist demnach keine kurzzeitige Intervention, sondern im Idealfall ein lebenslang praktizierter Essensrhythmus.

 

Zu guter Letzt sollen auch das Leberfasten und das Basenfasten kurz erwähnt werden, da diese immer wieder in diversen Wellnesszusammenhängen und Gesundheitstrends auftauchen. Es gibt das Leberfasten nach dem Ernährungswissenschaftler Nikolai Worm, dem Erfinder der LOGI-Methde und Vertreter der Flexi-Carb Ernährung. Hierbei handelt es sich um ein 14-tägiges Fastenregime mit einer Kalorienreduktion auf maximal 1000 kcal, wobei täglich 3 Formula Mahlzeiten (Shakes) plus 2 Portionen Gemüse (insgesamt maximal 200 kcal) gegessen werden dürfen. Ziel ist die Verbesserung der nichtalkoholischen Fettleber aber auch von Insulinresistenz oder Fettstoffwechselstörungen.[5] Andere Methoden des Leberfastens folgen in der Regel einem der oben beschriebenen Fastenmethoden mit dem Extra, dass zum Beispiel Bitterstoffe in Form von Bittertees oder Tropfen eingesetzt werden, ebenso wie weitere Nährstoffe um die Funktion der Leber zu unterstützen.

Unter Basenfasten versteht man den Verzicht auf säurebildende Lebensmittel, mit dem Ziel den körpereigenen Säure-Basen-Haushalt zu regulieren. Wissenschaftliche Belege für diese Theorie gibt es allerdings nicht.

 

Zu guter Letzt, möchte ich nochmal den Yoga mit ins Bot holen. Die Methoden des Yoga – Āsana, Prānāyāma, Mediation – bereichern und ergänzen alle beschriebenen Fastenmethoden. Sie helfen auf körperlicher Ebene in Bewegung zu bleiben, dem möglichen Muskelverlust beim Heil- oder Scheinfasten einerseits entgegenzuwirken und andererseits durch die körperliche Aktivität die Ketonkörperproduktion sowie die Autophagie zusätzlich zu unterstützt. Atemübungen können den Vagusnerv stimulieren und so beruhigend und entspannend wirken, was bei Unruhe oder Schlafproblemen während des Fastens helfen kann. Meditationen können die eigene Reflektion fördern und so auf mentaler und seelischer Ebene Impulse setzten und wertvolle Erfahrungen beim Fasten bringen.

So wünsche ich Dir wertvolle Erfahrungen und gutes Gelingen beim Fasten, solltest Du es einmal ausprobieren.

 

 

 


[1] Der Body Mass Index berechnet sich aus dem Körpergewicht (in kg) geteilt durch die Körpergröße (in m) zum Quadrat.

[2] vorgefertigte Mahlzeiten, die man als Paket bestellen kann zum Beispiel bei salufast.de oder prolon-fasten.de

[3] Ratgeber zum Scheinfasten gibt es zum Beispiel von Prof. Dr. Andreas Michalsen oder auch das Buch von Valter Longo, Iss Dich Jung.

[4] melde Dich gerne bei mir unter info@yogaundernaehrung.de

[5] Informationen zum Leberfasten nach Nikolai Worm findest Du unter leberfasten.com




Verwendete Quellen:

Longo, Valter; Iss Dich Jung. Goldmann Verlag, 9. Auflage, 2018.

Michalsen, Andreas; Mit Ernährung Heilen. Insel Verlag, 1. Auflage, 2019.

Michalsen, Andreas; Scheinfasten. Mein Masterplan. SZ-Verlag, 1. Auflage, 2025.

 

 
 
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